Erschienen auf www.geisterspiegel.de

In dieser Anthologie wird das Bundesland Schleswig-Holstein in ein phantastisches Licht getaucht: Ein Biikenfeuer auf Amrum lockt zwei unerwartete Gäste aus dem Meer an. Ein Föhrurlauber nimmt einen geheimnisvollen Anhalter mit. Im Hafen von Laboe macht eine Möwe den Schnabel auf und vermeldet ein Unglück. Ein Wassermann ist dankbar und will vier Mädchen aus der todgeweihten Stadt Rungholt retten. Dutzende Fässer feinsten Jamaika-Rums werden mit 200 Jahren Verspätung in einem Flensburger Kontor abgeliefert. Doch die Empfänger wissen nicht, ob sie sich freuen oder lieber fürchten sollen ...
Es gibt kaum eine Region in Deutschland, die nicht ihre Traditionen, Sitten und Bräuche pflegt. So auch im Bundesland Schleswig-Holstein, welches sich zwischen Nord- und Ostsee erstreckt. Da liegt es nahe, dass eines der vier Grundelemente - Wasser - sowie Mythen und Sagen um dieses Element in den Kurzgeschichten dieser Anthologie eine tragende Rolle spielen.
Schon der gewählte Titel greift ein Mythos nordischer Sagen auf. Worauf beruft man sich, wenn im Februar vielerorts im Schleswig-Holsteinschen die Biiken brennen?
Diese Tradition geht bis auf heidnische Zeiten zurück. Schon vor 2000 Jahren sollte der Opferbrand den Gott Wotan gnädig stimmen und ihn dazu bewegen, die ungeliebte eisige Jahreszeit zu beenden. Von diesem Ursprung hat sich bis in unsere heutige Zeit hier und da der Brauch erhalten, eine »Pider« genannte Strohpuppe mit zu verbrennen. Aber die Feuer leuchteten auch nach der Christianisierung weit sichtbar über das Land. Der 22. Februar wurde zu Ehren des Schutzpatrons der Fischer zum Petritag. Seit dem 17. Jahrhundert verabschiedete die Biike die Walfänger, die nach einem langen Winter mit ihren Schiffen ausliefen. In unserer heutigen Zeit ersetzt teilweise das sonst weit verbreitete Osterfeuer.
Vieles haben die 17 phantastische Kurzgeschichten der Autoren Claus Beese, Jonas-Philipp Dallmann, Conny Franken, Martin Gregor-Ax, Petra Hartmann, Jule Jenders, Karl-Otto Kaminski, Rolf Kamradek, Manfred Lafrentz, Chris Lind, Judith Merchant, Kai Riedemann, Rainer Schorm, Nadja Sennewald, Jörg Weigand, Karla Weigand, Verena Wolf gemeinsam - ob sie im Schleswig-Holsteinschen leben oder dort ihren Urlaub verbringen. Doch unterscheiden sie sich in der Herangehensweise an die Thematik. Jeder der Autoren beleuchtet seine Protagonisten aus seinem Blickwinkel, nimmt den Leser mit auf seine Reise in die Welt der Mythen und Sagen. Das ist es, was den Reiz an dieser Anthologie ausmacht. In »Wenn die Biiken brennen« findet man Gruseliges, Düsteres, Schauriges, Unterhaltsames, Irreales - doch lässt sich zum Beispiel in der Story »Weihnachtssand für Helgoland« von Petra Hartmann ein Augenzwinkern und Lächeln wirklich nicht vermeiden.

Fazit:
Der Herausgeber Bartholomäus Figatowski hat für die Anthologie »Wenn die Biiken brennen« eine brillante Auswahl an Kurzgeschichten getroffen. Jede Story steht für sich selbst, drückt in vielfältiger Hinsicht die Liebe des jeweiligen Autors zu Schleswig-Holstein aus. Die ausgewählten Kurzgeschichten ergänzen sich untereinander und geben dem Leser einen kleinen, interessanten Einblick in die Mythen und Sagen des nördlichsten Bundeslandes. »Wenn die Biiken brennen« ist Kurzweil und Lesespaß pur und sollte in jedem Bücherregal stehen.

Bewertung: G G G G G G G G G G

© Wolfgang Brandt www.Geisterspiegel.de