Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der GEW – September 2009

Allen Kurzgeschichten gemein ist, dass Wasser in jeglicher Form – ob als Regen, als Sturmflut oder als Meer – eine große Rolle spielt. Besonders die Sturmflut aus dem Jahre 1362, genannt Groten Mandränke, die das Dorf Rungholt überflutet hat, haben viele Autoren zum Anlass ihrer phantastischen Geschichte genommen. Dabei greifen sie hauptsächlich auf Mythen und Figuren der nordischen Sagenwelt zurück. So begegnet der Leser immer wieder Wassermännern, Wiedergängern jeglicher Art, Meerjungfrauen, sprechenden Möwen und Geistern. Die Geschichten sind überwiegend aus der Ich-Perspektive geschrieben und spielen in der Gegenwart. In dieser begegnen die Protagonisten beispielsweise Geistern, die befreit werden wollen oder die noch eine Schuld zu begleichen haben. Alle Geschichten sind sehr düster, spielen häufig bei sintflutartigem Regen oder Sturm und hinterlassen beim Leser eine Gänsehaut, wenn sie diesen abrupt in die Wirklichkeit zurückkehren lassen. Oft bleibt das Ende offen und der Leser wird mit seinen Gedanken alleine gelassen. Aus diesem Grund kann man auch nicht sofort zur nächsten Kurzgeschichte übergehen, denn dazu sind diese zu komplex und hinterlassen zu viele Fragen, über die man als Leser noch lange sinniert.
Die Geschichte "Weihnachtssand für Helgoland" von Petra Hartmann hebt sich überraschend von den restlichen mythischen Geschichten ab: Bei einem gewaltigen Orkantief werden große Teile des Nordstrandes weggebrochen, niemand aus der Unterwasserwelt weiß Rat. Doch die kleine Meerjungfrau Nestis hat einen Plan, und obwohl sie dafür von allen ausgelacht wird, wünscht sie sich kurzerhand vom Weihnachtsmann fünfhunderttausend Kubikmeter Sand. Die Meeresbewohner staunen nicht schlecht, als am Weihnachtsabend der Weihnachtsmann tatsächlich eine große Ladung Sand bringt. Petra Hartmann erzählt mit viel Humor und kindlicher Naivität und versetzt den Leser geschickt in seine eigene Kindheit zurück.
"Wenn die Biiken brennen" ist eine unterhaltsame Sammlung von mystischen Geschichten – häufig mit geschichtlichem Hintergrund – und für Schleswig-Holstein-Liebhaber eine absolut zu empfehlende (Urlaubs-)Lektüre, die einen interessanten und abwechslungsreichen Ausflug in das Reich der Geister und Unterwasserwesen dieses Bundeslandes bietet. [Krisp Nordrhein-Westfalen]

In der sehr schön gestalteten Anthologie "Wenn die Biiken brennen" finden sich 17 phantastische in Schleswig-Holstein spielende Kurzgeschichten, die aus über 70 Einsendungen zu einem Geschichtenwettbewerb des Verlages ausgewählt wurden. Zu den Autoren zählen u.a. Manfred Lafrentz, Chris Lindt, Judith Merchant und Rainer Schorm. Lesealter: 16-99 Jahre, Bewertung: empfehlenswert