So hatte sich Valkrys ihren ersten Tag als Walküre nicht vorgestellt: Haufenweise Leichen, Feuer und Verderben. Gefallene von den Schlachtfeldern tragen? Schön wäre es, doch dummerweise war dies die letzte Schlacht, Ragnarök, und die Götter haben verloren - und Valkrys ist als einzige der Walküren übrig geblieben. Als sie das Schlachtfeld absucht, findet sie Vidar, Sohn Odins und nun neuer Hauptgott. Doch Gott wovon? Midgard ist ein Trümmerfeld. Im zusammenstürzenden Asgard finden die beiden neue Hoffnung: Eine Karte zu Freyers Vermächtnis.
Das Buch erhält 7-8 von 10 Punkten.
"Die letzte Falkin" ist der dritte Band der Reihe "Aegirs Flotte", welche die Nordischen Mythen nach Ragnarök fortschreiben. Gegenüber den ersten beiden Bänden erfolgt hier ein Wechsel: Waren die Protagonisten bislang Menschen sind es nun ein Gott und eine Walküre.
Götter und Walküren
Die Götter liegen tot auf Midgard – fast alle; und Valkrys ist anscheinend die letzte Walküre.
In den Vorbänden sah man die neue Welt nur durch die Augen von Menschen. "Die letzte Falkin" gibt eine höhere Perspektive, ganz wörtlich: Mit ihrem Falkengewand fliegt Valkrys über Midgard und sieht so ein anderes Bild der Zerstörung; und auch auf Asgard gibt es erste Blicke. Seltsam fand ich den Namen: Valkrys klingt ja sehr an "Valkyrie" oder Walküre angelehnt, aber sie war eine Sterbliche - abgesehen davon dachte ich immer an eine gewisse Klingonin aus Star Trek III. Manchmal hat man eben Assoziationen, die einen im Folgenden verwirren… Auch das Falkengewand kann zu leichten Irritationen führen - unser heutiges Bild von Walküren umschließt ein solches nicht, doch in den Quell-Mythen ist es durchaus vorhanden. Auch das Wort "Falkin" ist in diesem Zusammenhang nicht selbstverständlich – es ist hier ein Synonym für Walküre.
Geradlinige Schatzsuche
Der Plot selbst ist geradlinig: zunächst versuchen die beiden Protagonisten sich in der zerstörten Welt zurechtzufinden; ab etwa der Hälfte wird die Geschichte zu einer Schatzsuche. In Freyers Nachlass finden die beiden eine Karte der neuen Welt. Allein diese ist schon hilfreich, doch auch das berühmte X markiert eine Stelle - Freyers Vermächtnis, was immer dies ist. War die Reise der beiden bislang davon geprägt, an ihren Heimstätten nachzuforschen, so geht es nun ins Unbekannte. Die ganze Zeit über bleibt die Handlung simpel, auch durch die Länge dieses Kurzromans bedingt, was ihm aber nicht schadet. Es gelingt der Autorin trotz der simplen Charaktere - immerhin sind Sagengestalten so gut wie immer auf wenige stark ausgeprägte Merkmale und Funktionen zusammengefasst worden - passendes Flair zu erzeugen. Nur an der Spannung hapert es ein wenig: Es geht von einer Station zur nächsten und alle "Bedrohungen" sind episodisch nach 1-2 Seiten abgehakt.
Nahe Orientierung an Mythen
Dieses Flair kommt zustande da die Autorin sich sehr nah an den Mythen orientiert. Das Falkengewand war bereits erwähnt, ebenso findet sich in Edda und Co das Überleben Vidars und die Neue Welt; der Tod Fenris' und das Überleben des Leichendrachen Nidhöggr finden sich in diesem Roman wieder - letzteres Fortgeführt zu einem Bild der Erneuerung, das die Mythen ebenfalls passgenau fortsetzt und keine moderne Moral aufsetzt, die zu Reibungen führen müsste. Ein wenig pathetisch geht es schon zu – aber immerhin ist dies die Wiedererschaffung der Welt.
Auch Nebenerzählungen und typische Eigenheiten der Sagas finden ihren Eingang, wie etwa Freyrs verschenktes Schwert oder die Besessenheit von Kriegern, ihren Waffen Namen zu geben. Wer mit der ein oder anderen Anspielung nichts anfangen kann, kann einfach darüber hinweg lesen; anderenfalls vermitteln sie jedoch das Bild, tatsächlich in der nordischen Sagenwelt zu sein - und das ganz unaufdringlich, die Figuren, Gegenstände und Ereignisse passen einfach.
"Die letzte Falkin" ist ein Kurzroman, der das nordische Flair der Reihe einfängt. Die Figuren bleiben feste Typen, dadurch dass sie stark an die Figuren aus den Sagas angelehnt sind. Während das Flair und viele Anspielungen den Roman durchgehend interessant bleiben lassen ist die Spannung bisweilen etwas niedrig. "Die letzte Falkin" ist insgesamt eine kurzweilige Lektüre, welche die nordischen Sagen passend fortführt.