Rezension im „Rattus Libri“ Nr. 102 von Christel Scheja

Petra Hartman legt nach der Sammlung „Geschichten aus Movenna“ und dem Roman „Ein Prinz für Movenna“ nun ihr drittes langes Werk aus dieser Welt vor. „Der Fels der schwarzen Götter“ trägt diesmal zwar nicht den Namen des Landes im Titel, spielt aber nichtsdestoweniger in einer bisher wenig bedachten Ecke des Kontinents.
Vor vielen Generationen flohen die Ahnen des Bergvolkes vor Invasoren in die Einöde und hofften, dort ihren Frieden zu finden. Durch die Visionen eines Schamanen in ihrer Mitte gelang es ihnen auch, endlich in Ruhe siedeln zu können. Schutz vor den Eisdämonen, die sie nun bedrohten, boten ihnen vor allem die Schwarzen Klippen, in die sie auf Geheiß ihres spirituellen Anführers die Gesichter ihrer unzähligen Götter schlugen.
Nun - seit vielen Jahren - sind das alles bloß noch Geschichten, die man sich am Lagerfeuer erzählt, und die Felsen sind längst nicht mehr so furchteinflößend wie früher, so dass die Kinder sie für ihre Mutproben benutzen. Bei einer davon schlägt der junge Ask aus Versehen einem der Götter die Nase ab.
Das ist nur der Anfang einer ganzen Kette von Unglücken, denn plötzlich scheint sich alles gegen die Bergvölker verschworen zu haben. Die Ältesten versuchen, die erzürnten Götter zu beruhigen und Buße zu tun, da diese ihnen prompt den Schutz vor den weißen Eisdämonen versagen, doch nutzt das nicht viel, denn das Unheil zieht noch weitere Kreise.
Nach vielen Jahren des Friedens tauchen plötzlich Soldaten und Heere anderer Völker aus den Tälern und Steppen auf. Doch ihr Ziel ist nicht nur, die Bergvölker zu versklaven und sich das Land zu eigen zu machen, deren Herrscher interessieren sich viel mehr für die schwarzen Klippen und ihr ganz besonderes Gestein ...
Eigentlich ist Petra Hartmann in erster Linie für ihre märchenhaften Geschichten bekannt; hier aber zeigt sich, dass sie auch anders kann, denn ihre Beschreibungen von Grausamkeit, Krieg und Gewalt sind zwar nicht explizit oder gar plakativ, reichen aber schon aus, um eine düstere Atmosphäre zu schaffen und den Leser mit den zwar nicht deutlich charakterisierten, aber dennoch sympathischen, weil menschlichen Figuren leiden zu lassen.
Es hat einen Grund, warum Ask und sein direktes Umfeld – Familie und Freunde - nicht ganz so ausgearbeitet sind: Zu ihnen gesellen sich eine Menge anderer Personen, von denen längst nicht alle überleben dürfen.
Die Geschichte wird überwiegend aus der Sicht von Ask und wenigen anderen Personen aus dem Bergvolk erzählt. So kommt auch der Leser erst nach und nach auf die Absichten der Feinde, deren Taten schließlich das Grauen vollständig machen.
Dennoch kann die Autorin nicht ganz aus ihrer Haut. In die eigentliche Erzählung eingebettet sind natürlich auch noch viele kleine märchenhafte Geschichten und Legenden, die den Hintergrund der eigentlichen Handlung vertiefen und so manches von dem Geschehen verständlicher machen.
Die Sprache ist sehr dicht, die Atmosphäre intensiv, so dass man immer wieder tief eintaucht und deutliche Bilder im Kopf hat, auch wenn vieles nur angedeutet wird. Aber Petra Hartmann ist eine Meisterin des Unausgesprochenen und braucht nicht alles explizit auszuführen, um das Grauen verständlich zu machen. Der Ablauf ist zudem logisch aufgebaut und findet schließlich ein passendes Ende, so dass man das Buch zufrieden schließen kann.
Alles in allem wendet sich „Der Fels der schwarzen Götter“ an die High Fantasy-Leser, die es gerne tiefgründiger und komplexer als in den üblichen Epen lieben und auch eine logisch aufgebaute Handlung mit glaubwürdigen Figuren schätzen, ohne dass dabei die Geschichte an Spannung verliert."



Zur Original-Rezension: http://www.literra.info/bilder/mags/pdf/814d6c9c778889c.pdf